BGA-Agrarausschuss: viel unklar bei entwaldungsfreien Lieferketten
Die Umsetzung der europäischen Deforestation Regulation wirft ihre Schatten voraus. Durch die Regelung soll der Verbrauch von Produkten beschränkt werden, die Entwaldung und Waldschädigung verursachen. Dieses Ziel unterstützen auch die Verbände der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Mit Blick auf die konkrete Umsetzung der Verordnung in der Praxis bestehen für die betroffenen Unternehmen aber noch viele Fragen. Vor diesem Hintergrund hatte der BGA Diego Torres aus der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission eingeladen, an der Sitzung des BGA-Ausschusses für Agrar- und Ernährungswirtschaft am 27. April teilzunehmen. In einem einführenden Vortrag stellte Herr Torres die Entstehung und die wesentlichen Merkmale der Deforestation Regulation vor. Diese wird voraussichtlich im Juni 2023 in Kraft treten und muss dann von betroffenen Unternehmen ab Anfang 2025 umgesetzt werden. Torres betonte, dass durch die Verordnung grundsätzlich kein Bann von bestimmten Waren vorgesehen sei. Produkte, die unter die Regelung fallen und aus Hochrisikogebieten stammen, könnten weiter in die EU eingeführt werden. Allerdings müssten sie höhere Anforderungen erfüllen um nachzuweisen, dass sie nicht zu Entwaldung und Waldschädigung beigetragen haben. Angesichts zahlreicher Fragen, die von unterschiedlichsten Stakeholdern an die EU-Kommission herangetragen wurden, berichtete Torres, dass die Kommission an einem FAQ-Katalog arbeite, der kurz nach der formalen Annahme der Verordnung vorgestellt werden solle. Allerdings plane die Kommission weder, waren-spezifische Guidelines zur Umsetzung des neuen Regelwerks zu erarbeiten, noch ein waren-spezifisches Risiko-Benchmarking durchzuführen. Auf beides hatte die Wirtschaft gedrungen, um die Umsetzung zu erleichtern.
Zweites Schwerpunktthema der Sitzung war die Herkunftskennzeichnung auf Lebensmitteln. Der aktuelle Sachstand zu diesem Thema wurde von Dr. Christoph Meyer, Leiter des für Lebensmittelinformation und Lebensmittelkennzeichnung zuständigen Referats 215 im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgetragen. Er führte zunächst aus, dass viele EU-Mitgliedstaaten eigene nationale Regelungen zur Herkunftskennzeichnung bestimmter Lebensmittel eingeführt hätten, was zu einer Art „Wildwuchs“ geführt habe. Nicht zuletzt deshalb habe die EU-Kommission das Thema in ihrer Farm to Fork-Strategie aufgegriffen und eine Überarbeitung der Lebensmittelinformationsverordnung angeregt. SPD, FDP und Grüne haben sich darüber hinaus in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine umfassende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel einzuführen. Auf europäischer Ebene werde geprüft, bereits bestehende Pflichten zur Herkunftskennzeichnungen auszuweiten. Konkret gehe es dabei unter anderem um Fleisch als Zutat, Kaninchen- und Wildfleisch, Milch und Milch als Zutat in Milcherzeugnissen, Reis, Hartweizen in Pasta sowie Kartoffeln. Ob und wann mit einem Vorschlag der Kommission zu rechnen sei, konnte Meyer nicht sagen. Allerdings dränge sein Haus in Brüssel auf einen Vorschlag für EU-einheitliche Herkunftskennzeichnungen. Sollte die Kommission weiter untätig bleiben, scheue Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir auch nicht vor einer nationalen Regelung zurück. Auf die Frage, welches Ziel mit einer Herkunftskennzeichnung erreicht werden solle, antwortete Dr. Meyer, dass damit einem verstärkt von Verbrauchergruppen vorgetragenen Wunsch nachgekommen werden solle. Darüber hinaus glaube er nicht, dass die Ausweitung der Herkunftskennzeichnung an der fehlenden Zahlungsbereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher scheitern werde.
Im weiteren Verlauf der Sitzung tauschten sich die Teilnehmer auch über erste Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), insbesondere im Hinblick auf private Dienstleister, aus. Weiter berichtete der BGA über seine Aktivitäten zu den Themen Neue genomische Techniken, Ernährungsstrategie der Bundesregierung und Tierhaltungskennzeichnung. Außerdem wurde die anstehende Neubesetzung der Mitglieder im Wirtschaftsausschuss für Außenhandelsfragen beim BMEL erörtert. Der BGA besprach mit seinen Mitgliedern, Vorschläge für die Nachfolge von Jens Kaß als Vorsitzendem des BGA-Ausschusses für Agrar- und Ernährungswirtschaft zu machen. Kaß hat sein Amt mit Überschreiten der Altersgrenze niedergelegt. Die Ausschussmitglieder dankten Kaß für sein Engagement und seine langjährige erfolgreiche Unterstützung der Verbandsarbeit des BGA.
Ansprechpartner:
Sebastian Werren
Abteilungsleiter Agrar- und Ernährungswirtschaft
Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin
030 59 00 99 561
sebastian.werren@bga.de
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